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E-Mail von S:

Guten Abend, ich habe eine Frage zu den Mieten in Wildau. Werden Sie einen Mietspiegel machen? Das würde weitere Mieterhöhungen verhindern.
Danke für eine schnelle Rückmeldung, S.

Antwort von Enno:

Guten Tag […], vielen Dank für Ihre Nachricht.

Ich habe die Antwort auf meine Internetseite gestellt, den Link dazu finden Sie hier: [ Link zu dieser Seite ]

Herzliche Grüße

Enno von Essen

 

Der Mietspiegel

Das Mietspiegelthema ist recht komplex. Die kurze Antwort dazu lautet: Ein Mietspiegel bringt kaum Vorteile, jedoch erhebliche Nachteile für die Mieter. Deshalb führt ein Mietspiegel in einer Stadt wie Wildau unausweichlich zu noch weiter steigenden Mieten. Ein Mietspiegel bremst die Mieten nicht aus – schauen Sie nach Berlin.
Lassen Sie mich ein kurzes Beispiel konstruieren:
Frau Müller, Herr Meier und Frau Schmidt wohnen in jeweils einer genau baugleichen Wohnung in gleicher Lage. Sie sollen die Daten für unsere Modellrechnung liefern. Keiner dieser drei hat in seiner Mietzeit eine Mieterhöhung erhalten.
  • Frau Müller wohnt seit 2010 und zahlt 6,- Euro kalt pro Quadratmeter,
  • Herr Meier wohnt seit 2015 und zahlt 8,- Euro kalt pro Quadratmeter,
  • Frau Schmidt wohnt seit 2020 und zahlt 10,- Euro pro Quadratmeter.
Im Durchschnitt zahlen die drei Mieter also (6+8+10)/3 = 8,- Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Im Mietspiegel stünden jedoch 10,- Euro als ortsübliche Miete. Dadurch sieht der Vermieter von Frau Müller auf einen Blick, dass ihre Miete 40% unter der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Schnell ist eine Mieterhöhung geschickt und die Miete von Frau Müller klettert auf bis zu 7,20 Euro im ersten Schritt. Auch der Vermieter von Herrn Meier kann die Miete um 20% auf 9,60 Euro erhöhen – einfach so.
Danke, Mietspiegel!

Warum ist das so?

Zunächst einmal muss man sich anschauen, was ein Mietspiegel überhaupt ist. Dafür stellt das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen folgendes klar:
Die ortsübliche Vergleichsmiete wird nach der gesetzlichen Definition aus den üblichen Entgelten gebildet, die in der Gemeinde oder einer vergleichbaren Gemeinde für Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten sechs Jahren vereinbart oder geändert worden sind. Mietspiegel schaffen damit Markttransparenz.“ – Quelle: BMWSB – Mietspiegel
Interessant. Ein Mietspiegel ist demnach ein Mieterhöhungsspiegel, welcher Markttransparenz schafft. Im Mietspiegel sind keine Mieten enthalten, die vor mehr als 6 Jahren zuletzt geändert oder neu vereinbart wurden. Das führt dazu, dass besonders günstige – weil ältere, nicht erhöhte – Mietverträge gar nicht berücksichtigt werden. Damit werden die Werte des Mietspiegels so nach oben verschoben, dass sich kein reeller Mietendurchschnitt aus dem Mietspiegel ablesen lässt.
Die Politik hat darüber lange diskutiert und wollte den Betrachtungszeitraum von 4 Jahren auf 20 Jahre erhöhen, so die Forderungen. Geeinigt hat man sich letztendlich auf 6 Jahre, die im Jahr 2022 in Kraft getreten sind.

Was bringt dann ein Mietspiegel?

Ein Mietspiegel bringt „Markttransparenz“. Er ist vor allem eine Orientierungshilfe für Mieter und Vermieter. Dabei geht es weniger um Mieter in Langzeitmietverhältnissen, als mehr um die Frage, wieviel eine neu vermietete Wohnung kosten sollte. Der Mietspiegel kann dabei um bis zu 20% überschritten werden. (10% in Berlin Aufgrund der KappungsgrenzenVO, die in Wildau nicht mehr greift)
Er dient auch als Nachweis der Angemessenheit von Mieterhöhungen, denn ohne Mietspiegel muss der Vermieter nachweisen, dass die ortsübliche Vergleichsmiete höher liegt als die zu erhöhende Miete. Dafür bringt er drei Vergleichswohnungen bei. Kann er das nicht, dann kann er die Miete nicht erhöhen. Gibt es einen Mietspiegel, benötigt der Vermieter keine Vergleichswohnungen mehr – er kann nur aufgrund des Mietspiegels die Miete erhöhen. Das erleichtert ihm die Arbeit erheblich.

Gut, aber was bringt MIR ein Mietspiegel?

Sie müssen jetzt sehr tapfer sein – „nichts“. Es sei denn, Sie wohnen in einer überteuerten Wohnung. Sie können im Prinzip davon ausgehen, dass alles bis 10,- Euro Nettokaltmiete „im normalen Rahmen“ läge, würde man einen Mietspiegel für Wildau anfertigen. Bei Wohnungen mit neueren Baujahren (ab ca. 2018) greift der Mietspiegel nach heutigem Stand nicht, da die Gebäude für die Bildung von Durchschnittswerten zu neu sind. Wenn Sie weiteres Interesse an diesem Thema haben, lesen Sie sich gerne den Berliner Mietspiegel durch: Mietspiegel Berlin, 2021

Was kostet ein Mietspiegel?

Das ist schwer zu sagen. Gehen Sie davon aus, dass ein qualifizierter Mietspiegel ca. 15.000,- Euro pro Jahr verschlingt. Darin enthalten ist der gesamte Turnus von Erstellung über Aktualsierung nach 2 Jahren. Nach 4 Jahren wird der Mietspiegel komplett neu erstellt.

Wie bekommen wir dann günstige Mieten?

Dazu gibt es mehrere Instrumente. Zunächst müssen wir versuchen, wieder unter die Kappungsgrenzenverordnung zu kommen. Aus dieser sind wir vor kurzer Zeit „ausgetreten“:

„Sechs Gemeinden, und zwar Schönefeld, Schulzendorf, Wildau, […] sahen keinen Bedarf für eine Kappungsgrenze. […] Wildau habe Wohnungsneubau errichtet, plane gegebenenfalls weitere Neubauten und hielt trotz angespannter Marktsituation die Mieten für marktgerecht.“ – Quelle: Amtsblatt Brandenburg, S51/2020

Wir sollten überlegen, diese Änderung in Abhängigkeit vom zur Verfügung stehenden Wohnraum rückgängig zu machen.

Eine weitere Möglichkeit ist die Begrenzung von Neubauten auf die örtliche Wohnungsbaugesellschaft. Diese entscheidet zwar eigentständig über ihre Mieten, untersteht jedoch einer gewissen Weisung der Stadt. Mit einem durchdachten Konzept lassen sich günstige Mieten schaffen und Wohnraum bedarfsgerecht zur Verfügung stellen. Doch das ist ein anderes Thema.

 

Soweit die Geschichte zum Mietspiegel. Habt Ihr weitere Fragen? Dann schnell zu mir damit – ich antworte gerne auf (fast) alles.

Herzliche Grüße

Euer Enno